Moskau am Abend des 10.10.2015
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österreichisch-russische Freundschaft auf studentischer Ebene


Anfang Oktober 2015 hatte ich als Russisch-Absolvent des Wiener Schottengymnasiums im Namen des Vereins der Erdölstudenten an der Montanuniversität Leoben (SPE Student Chapter Mining University Leoben) die Ehre, eine Delegation von 12 Studenten der Moskauer Gubkin-Universität (РГУ нефти и газа им. И.М. Губкина) in Österreich willkommen zu heißen. 

Mit der tatkräftigen Unterstützung einiger andere aktiver Vereinsmitglieder der Montanuniversität Leoben konnten wir unseren russischen Gästen einen Eindruck unserer Alma Mater, vom Studentenleben in Österreich, sowie von den reichhaltigen spezifischen Traditionen der Montanuniversität vermitteln. Das Programm in Österreich beschränkte sich allerdings nicht nur auf Leoben, sondern es war auch ein Aufenthalt in Wien samt der Besichtigung der wichtigsten touristischen Ziele geplant. Auch diesen wickelten die freiwilligen Helfer der Montanuniversität ab.

Im Gegenzug fand zwei Wochen nach der Abreise unserer russischen Gäste auch ein bereits länger geplanter Aufenthalt von 15 Leobener Studenten internationaler Herkunft unter meiner Führung statt. Ziel dieser Reise war es, internationale Kontakte zu knüpfen, sowie das Leben und Studium in zwei der bedeutendsten Universitätsstädten Russland auf dem Gebiet der Erdöltechnik kennen zu lernen: Moskau mit der Gubkin-Universität und Ufa mit der Staatlichen Erdöl- und Erdgas-Universität Ufa (Уфимский государственный университет нефти и газа). 

Die Erdöluniversität in Moskau

Unsere Kollegen aus Moskau zeigten uns, was die sprichwörtliche russische   Gastfreundschaft bedeutet, und organisierten für unsere Gruppe ein reichhaltiges und interessantes Programm; neben den obligaten Ausflügen zu den Sehenswürdigkeiten Moskaus erhielten wir die Gelegenheit, uns mit hochrangigen Vertretern der Universität und der Erdölindustrie zu treffen und uns mit ihnen auf einer sehr freundschaftlichen Ebene zu unterhalten. 

Außerdem standen eine Führung durch die Einrichtungen der Universität sowie ein Treffen mit unserem Schwesternverein an der Gubkin-Universität (SPE Student Chapter Gubkin University) auf dem Programm, in dem für die Zukunft eine regelmäßige und intensivierte Zusammenarbeit auf studentischer Ebene vereinbart wurde.

Die Moskauer Gubkin-Universität wurde im Jahr 1935 gegründet; während des 2. Weltkrieges wurden die Studenten für einige Zeit nach Ufa verlegt, wo einige Studenten und Professoren verblieben und damit den Grundstein der Erdöluniversität Ufa legten. 

Die Gubkin-Universität hat etwa 7.000 Studenten, aufgeteilt auf 10 Fakultäten, die nicht nur die technischen Aspekte der Erdölindustrie, wie etwa Tiefbohr-, Förder-, Lagerstättentechnik, Pipeline- und Maschinenbau abdecken, sondern auch Erdölwirtschaft und Erdölrecht. Viele Fakultäten haben durch großzügiges Sponsoring namhafter internationaler Firmen eine ausgezeichnete technische Ausstattung, was den Studenten nicht nur ein fundiertes theoretisches Wissen, sondern auch praktische Ausbildung ermöglicht. Weitere Informationen finden Sie auf der Website der Universität unter www.gubkin.ru

Die Erdölstadt Ufa

So schwer uns der Abschied aus Moskau auch fiel, nach 5 Tagen musste unsere Gruppe wieder verlassen. Die Weiten Russlands riefen uns, und wir folgten dem Ruf ins 1,300km entfernte Ufa. Auch hier wurden wir sehr warm und offen empfangen, wofür wir umso dankbarer waren, als wir hier schon einen deutlichen Vorgeschmack vom russischen Winter bekamen – unsere Ankunft sowie die meiste Zeit unseres Aufenthalts war von Temperaturen unter 0° und dichtem Schneefall geprägt. 

Wiederum bekamen wir eine Führung durch die Universität, sowie die Möglichkeit, die Studenten und deren Leben in Ufa besser kennen zu lernen, sowohl im Rahmen der Führungen als auch bei gemeinsamen Spieleabenden, Ausflügen in das Stadtzentrum sowie beim 10-jährigen Jubiläum unseres lokalen Schwesternvereins. 

Die Stadt Ufa wurde 1574 gegründet. Durch ihre Lage am Fluss Belaya erlangte Ufa eine gewisse wirtschaftliche Bedeutung, die sich mit der ersten erfolgreichen Erdöl-Prospektion in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts noch vergrößerte und schließlich durch die Gründung der Erdöluniversität sowie der Ansiedelung einiger großer Sowjetischer Industriebetriebe festigte. Mit etwa 1.1Mio Einwohnern ist Ufa eine der größeren Städte östlich von Moskau. Durch zahlreiche Universitäten (neben der Erdöluniversität gibt es noch Luftfahrttechnik, Jus, Wirtschaft, Medizin, Kunst, Sport, um nur einige der Ausbildungsmöglichkeiten zu nennen) hat Ufa zunehmend auch als Ort der Wissenschaft Fuß fassen können und hat damit ein von der Industrie abgekoppeltes zweites Standbein, wobei die Verbindung zwischen Forschung und Industrie auch hier wichtig ist.

Mit etwa 18.000 Studenten ist Ufa die zweitgrößte erdöltechnische Universität in der Russischen Föderation (Tjumen in Sibirien ist mit 60,000 Studenten mit Abstand die größte ihrer Art in Russland). Wie in Moskau gibt es auch hier ein umfassendes Angebot, das weit über den technischen Bereich hinausgeht. Neben Bohr- und Fördertechnik und dem Lehrstuhl für Transport und Speicherung von Kohlenwasserstoffen, der einen ausgezeichneten Ruf weit über die Grenzen Russlands hinaus hat, werden auch hier unter dem Titel „Human- und Sozialwissenschaften“ Wirtschafter und Juristen mit der Spezialisierung in der Erdölindustrie ausgebildet. Diese Ausbildung „aus einer Hand“ hat den Vorteil, dass auch Nicht-Techniker ein gewisses Grundverständnis für die technischen und wirtschaftlichen Eigenheiten der Erdölindustrie erlangen, was eine effizientere Kommunikation zwischen den handelnden Personen ermöglicht.
Weiter Informationen zur Unversität in Ufa unter www.rusoil.net

Auch wenn sich die diplomatischen Beziehungen zwischen der EU und Russland gerade zu der Zeit deutlich verschlechterten, als ich mit der Organisation der Reise begonnen hatte, was auch einige große Änderungen im Programm mit sich zog, hat diese Reise eines bewiesen: Die Vielzahl an Freunden, die wir in Russland gefunden haben, der Beschluss zu verstärkter Zusammenarbeit sowie die beiderseitig erstarkten Bestrebungen der Studenten, bei den Gastgebern ein Auslandssemester zu verbringen, zeigen, dass die Beziehungen zwischen Österreich und Russland auf universitärer und studentischer Ebene unbeeinflusst sind. 

Vielmehr noch zeigt all dies aber, dass ein offenes und unvoreingenommenes Aufeinanderzugehen, Hilfsbereitschaft und Freundschaft der Schlüssel zu gegenseitigem Verständnis und zu einer guten internationalen Zusammenarbeit sind!

Information zum Autor: Florian Gamperl hat am Wiener Schottengymnasium Russisch gelernt (von 2006 bis zur Matura in 2010) und studiert derzeit Petroleum Engineering an der Montanuniversität Leoben; der erste Kontakt mit Russland war 2008 im Rahmen eines Schüleraustausches mit einer Moskauer Schule. Weitere Aufenthalte in Russland folgten. 

Die Society of Petroleum Engineers (SPE) ist ein internationaler Verein von Erdölingenieuren, ausgerichtet nicht nur auf technischen Fortschritt, Forschung und Entwicklung, sondern auch auf die internationale Vernetzung der Mitglieder. An vielen Universitäten mit Bezug zur Erdölindustrie werden sogenannte Student Chapters betrieben, die sich aus freiwilligen Studenten zusammensetzen. Ziel dieser Niederlassungen ist die möglichst frühe Eingliederung in die Gemeinschaft der Erdölingenieure, sowie das Vertrautmachen mit wissenschaftlichem Arbeiten und Präsentieren sowie Teambildung durch die gemeinsame Organisation von Projekten. Informationen zu SPE: Website von SPE Interational (www.spe.org), lokale Sektion an der Montanuniversität Leoben (www.spe.leoben.org).




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