Moskau am Abend des 10.10.2015
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Mit dem Jugendsonderzug von Moskau nach Kazan‘


Zug nach Kazan

Luzniki-Stadion in Moskau

Moskauer Kreml

Christus-Erlöser-Kathedrale in Moskau

nächtlicher Ausflug ins Zentrum von Kazan

Kreml in Kazan

Moschee im Kazaner Kreml

Eisfischer auf der Wolga

Kazaner Eis

Als ich erfuhr, dass  die gute alte Gewohnheit der Reisen mit dem Jugendzug letztes Jahr von der ORFG wieder aufgenommen wurde, war mir sofort klar, dass das eine gute Möglichkeit sein würde, relativ stressfrei in den Ferien mit Schülern nach Russland zu fahren. Da mich dann auch ausgerechnet letztes Jahr Schüler fragten, ob wir nicht einmal nach Russland fahren könnten, sagte ich bedenkenlos zu. 

Zwar war die Anmeldung im Herbst ein bisschen zäh – von allen beteiligten Seiten – aber irgendwann im Dezember stand dann eine Gruppe fest: 11 Schüler und Schülerinnen des BORG Oberndorf und des BG Seekirchen wollten die Reise vom 11.2. -17.2. 2018 in den kalten Osten wagen und mit ihnen insgesamt 6 Erwachsene. Am Ende machten auch noch 2 junge Wiener einen Teil unserer Gruppe aus, sodass wir dann eine Gruppe von 19 Personen waren,  die gemeinsam von Wien Schwechat nach Moskau Scheremetevo starteten. Eine größere Gruppe (26 Personen) aus Kärnten flog am Abend mit Herrn Tretenhahn, dem Leiter des Reisebüros Eastlink nach.

Moskau empfing uns einigermaßen dramatisch: am Vormittag war in Moskau Domodedovo eine Maschine abgestürzt, was wir kurz nach der Landung erfuhren und was uns natürlich sehr betroffen machte. Die Stadt war von den Schneemengen der Vorwoche zwar größtenteils befreit, die Fahrbahnen und Gehwege waren dennoch ziemlich rutschig. 

Am Flughafen erwartete uns Nikolaj, unser Reiseleiter. Er sprach sehr gut Deutsch, wie sich herausstellte, war er größtenteils Autodidakt und gab uns bereits auf dem etwas länger dauernden Transfer (Schnee + Stau) sehr interessante Informationen über Moskau. Das Hotel Turist erwies sich als ein (überheiztes) Mittelklassehotel, das – wie übrigens auch das Hotel in Kazan sogar über einen Föhn (!) im Bad verfügte. Da das Flugzeug Verspätung hatte, der Transfer lang gewesen war und das Einchecken auch seine Zeit gebraucht hatte, war es dann gar nicht so einfach noch etwas zu essen zu bekommen, denn um 22:00 Uhr schlossen alle Restaurants des Hotels. 

Dank den freundlichen Mitarbeiterinnen der hoteleigenen „stolovaja“ (Speisehaus) , die extra für uns länger dablieben, bekamen wir noch ein einfaches Menü (Suppe, Salat, Kompott, Fleischleibchen, Püree), das für Russland Unerfahrene so fremdartig war, dass jeder sofort verstand: jetzt sind wir da! Für westliche (verwöhnte) Schüler nicht zwingend eine Gaumenfreude, aber die Frauen waren so liebenswürdig und die Preise so niedrig, dass wir ganz erstaunt waren.

Am nächsten Tag gab es eine höchst interessante Stadtrundfahrt bei herrlichem Winterwetter: kalt, sonnig und windsstill! Dieses Wetter begleitete uns während der ganzen Fahrt. Lediglich vor der Hauptkathedrale im Kreml wurde es windig. Da merkte man den Unterschied! 

Ich enthalte mich einer Beschreibung Moskaus, die kann man überall nachlesen. Aber hervorheben möchte ich, dass unser äußerst gebildeter Reiseleiter Nikolaj uns sehr viele Informationen gab, die über das unmittelbar Gesehene hinausführten und uns ein allgemein historisches und kulturelles Bild von Moskau und Russland vermittelten, das auch die Schüler beeindruckt hat. Für uns Erwachsene war es ein Genuss mit einem Vertreter der Intelligencija zu sprechen und sich auszutauschen! 

Der Rote Platz war für mich persönlich eine herbe Enttäuschung – statt des freien Blickes auf die Basiliuskathedrale hat man lauter Hütten und Buden in kitschigster Form vor sich und der Eindruck des Platzes in seiner stattlichen Größe geht ganz verloren. Schade! Am 2. Tag machte unsere Gruppe noch einen „Spaziergang“ von 11 km durch die Stadt. Nikolaj zeigte uns (ausführlich und stolz) die schönsten Metrostationen, hernach streiften wir durch den Arbat (wobei das Wohnhaus Puschkins am Dienstag leider geschlossen war), besichtigten die Christerlöserkathedrale von innen, von da nochmal ein Fußmarsch über den Roten Platz und dann ins Hotel, um rechtzeitig zum Kazaner Bahnhof zu kommen. Dieser Transfer verlief ganz rasch und Nikolaj verließ uns erst, als wir sicher im Zug untergebracht waren.

Wir reisten in Vierbettabteilen, zu denen uns komplette Bettwäsche, Zahnbürsten, Pantoffel für den Waggon und Handtücher zur Verfügung gestellt wurden. Selbst ein warmes Essen wurde uns noch serviert. Auch warmes Wasser bzw. Tee bekam man, soviel man wollte. So verlief die Fahrt nach Kazan‘ gemütlich und komfortabel und sehr! gut beheizt.

In Kazan empfing uns Anatolij, unser dortiger Reiseleiter – mit praktisch akzentfreiem Deutsch, das er (zu unserem Erstaunen) ausschließlich in Kazan gelernt hat. Bevor wir den Autobus bestiegen, wurden wir mit den ersten tatarischen chak-chaks (Süßgebäck) empfangen.

 Das Hotel Tatarstan ist ein echtes Gebäude der Sowjetzeit in ausgesprochen guter Lage im Zentrum. Der Speisesaal ließ viele Erinnerungen an frühere Zeiten hochsteigen, das Frühstück war ausgezeichnet und russisch – reichlich, solide, gut und darüber hinaus wurden unsere Gruppen noch mit Extraköstlichkeiten verwöhnt.

Nach der überwältigenden Mega-City Moskau wirkte Kazan auf uns gemütlich wie eine Kleinstadt, obwohl es auch über eine Million Einwohner hat. Der Kreml hat uns sehr beeindruckt – mit Kirche und Moschee, darunter die verschneite Kazanka; das Tatarenviertel, die Fußgängerzone, Cafés und Restaurants; zwei Kulturen friedlich nebeneinander – eine pulsierende, lebendige und freundliche Stadt! Selbst im Souvenirladen gab es herzliche Begegnungen!

Ein Highlight unseres Aufenthalts war der Besuch des „Gimnazija 94“ – einer Schule, die ab der 2.(!) Klasse Deutsch hat. Ins „Gymnasium“ gehen die Kinder von 6 Jahren an. Die Deutschgruppen empfingen uns  selbstbewusst mit einem grandiosen Programm und bewirteten uns, da wir uns in der Butterwoche befanden, aufs köstlichste. Es war beeindruckend zu sehen, mit wieviel Engagement und wie gut die Schülerinnen mitten in Kazan, weitab von Mitteleuropa, Deutsch lernten! Sie freuten sich riesig über unseren Besuch und es wurde so manche Freundschaft geknüpft.

Weitere Eindrücke: das Nationalmuseum, das den Vielvölkerstaat Russland besser verstehen ließ,  die unvergessliche Wolgainsel Svijazhsk mit ihren mittelalterlichen Kirchen und dem Kloster und neuen Wohnhäusern und einem grandiosen Blick auf die Weite der Flüsse Wolga und Svijaga – beide tief verschneit, durchsetzt von kleinen schwarzen Punkten – den Eislochfischern

Bild: Wolgabrücke

Am Abend waren wir dann noch zu einem tatarischen Festmahl mit tatarischen Tänzen und Gesängen eingeladen. Das Essen war ausgezeichnet und die berühmten „Ätschpotschmaks“ (oder so ähnlich) sicherten auch am nächsten Tag unser „Überleben“ am Flughafen Scheremetevo. 

Die Reise war sehr reich, beeindruckend und schön. Wir hatten Glück mit dem Wetter. (Als wir fuhren, wurde es prompt schlechter.) Wir hatten Glück mit unseren Reiseleitern Nikolaj und Anatolij, die als Vertreter der russischen Intelligencija auch bei den Schülern mit ihrem Wissen und ihrem Engagement einen tiefen Eindruck hinterließen. Selbst in Moskau sprachen uns vereinzelt Menschen sehr freundlich auf unsere Herkunft an, die Begegnungen mit den Schülern und Lehrern der Schule in Kazan waren herzlich und „völkerverbindend“ und die Weite des Landes, von der  uns durch verschneite Flüsse und Steppen auf unserem Weg nach Svijazhsk ein kleiner Eindruck gegeben wurde, scheint unermesslich.

Ein unvergesslicher Aufenthalt mit reichen Eindrücken und schönen Begegnungen mit vielen netten Menschen! Kultur, Verständigung und Horizonterweiterung in einer oberflächlichen, hastigen und geplagten Welt! Schön, dass dieser Impuls der Kulturreise mit Jugendlichen wieder aufgegriffen wurde! Sie haben ihn aufgenommen. Danke!

Bericht: Mag. Ute Mayrhofer

Fotos: Mag. M. Lindner-Fally




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